An die
Magistratsabteilung 22
Wien, 9. Februar 2001
STELLUNGNAHME des GRÜNEN KLUBS
zum
Entwurf eines Gesetzes, mit dem das
Wiener Naturschutzgesetz und das
Wiener Nationalparkgesetz geändert wird;
Aufhebung von ex lege Landschaftsschutzgebieten
im 1.,3.,4.,7., und 9. Bezirk
Sehr geehrte Damen und Herren!
Zu dem oben angeführten Gesetzesentwurf gibt der GRÜNE KLUB im Rathaus die folgende Stellungnahme ab:
I. Grundsätzliches
Grundsätzlich wird vom GRÜNEN KLUB die vorliegende Initiative begrüßt, das Wiener Naturschutzgesetz an die entsprechenden EU-Richtlinien anzupassen. Die aufgrund der Mahnschreiben der EU-Kommission nun unter Zeitdruck zustande kommende Novellierung bedeutet für die Grünen aber dennoch das Aufrechterhalten von Kritikpunkten am Wiener Naturschutzgesetz. Folgende Punkte sollten in einer "echten Novelle" in den nächsten Jahren berücksichtigt werden:
II. Aufhebung von ex lege Landschaftsschutzgebieten im 1., 3., 4., 7., und 9. Bezirk
Grundsätzlich können wir uns der Argumentation anschließen, dass die Definition als Landschaftsschutzgebiet für die Beurteilung von Eingriffen bei den betroffenen Flächen nicht zielführend ist. Noch zu unklar ausgeführt ist unserer Meinung nach aber, wie in Zukunft ein wirkungsvollerer Schutz für begrünte Innenhöfe und Parks erreicht werden kann bzw. welche Maßnahmen dazu vorgesehen werden.
Weiters ist anzumerken, dass nach wie vor ein beträchtlicher Teil der Grünflächen im innerstädtischen Bereich aus nicht nachvollziehbaren Gründen für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Hier besteht für die kommende Legislaturperiode ebenfalls noch Handlungsbedarf.III. Anpassung an EU-Richtlinien
Im folgenden möchten wir uns in weiten Teilen der uns vorliegenden Stellungnahme der Juristen des WWF anschließen:
Klarheit im Begriffsdschungel!
Zur Umsetzung des Art 1 FFH-Rl sollten entsprechend dem Kommissionsschreiben (SG(2000) D/103124, Seite 2 und 6) zusätzliche Definitionen aufgenommen werden, und zwar betreffend:
Keine Aussetzungsexperimente
Weiters sollte auch in Entsprechung des Kommissionsschreibens (SG(2000) D/103124, Seite 37) der § 13 Abs 3 Wr. NSchG eine gemeinschaftskonforme Anpassung erfahren. Jedwede Schädigung sollte vor Genehmigung einer Aussetzung einer nicht einheimischen Art gemäß Art 22 b) FFH-Rl ausgeschlossen werden können und nicht bloß erhebliche Beeinträchtigungen wie im geltenden Wr. NSchG.
zu § 10 Abs. 3
Wir schlagen vor, die Einschränkung auf "nicht jagdbare Vögel" zu streichen, da sie für uns inhaltlich nicht nachvollziehbar erscheint, insbesonders im Naturschutzgesetz.
Zu den § 11 Abs 2 Ziffer 5, § 22 Abs 8, § 22a Abs 2 und § 24 Abs 7:
Eine ordnungsgemäße Umsetzung des Art 6 Abs 4 FFH-Rl sowie des Art 16 Abs
1 lit c FFH-Rl erfordert, daß die Eingriffsgründe
"zwingender" Natur sein
müssen. Das die Gründe laut der bestehenden Formulierung
lediglich" deutlich höher zu bewerten" sind, stellt hingegen ein
"Minus" gegenüber der FFH-Richtlinie dar.
Gerade im Bereich der artenschutzrechtlichen Eingriffsregelung ist eine
möglichst genaue Umsetzung der als Mindestkriterien anzusehenden
europarechtlichen Vorgaben geboten.
Zu § 11 Abs 3 Ziffer 3:
Ein möglichst genaue Übernahme des Begriffes "Fischereigebiete" aus der VSchRl anstelle des Begriffes "Fischgründe" wird empfohlen.
Begründung:
Es ist nicht auszuschließen, daß der EuGH diesem Begriff eine andere
Bedeutung unterstellt als dem in der FFH-Rl verwendeten Begriff
"Fischgründe". Man kann der VSchRl durchaus unterstellen, daß lediglich in
hauptberuflich fischerei-wirtschaftlich genutzte Gebiete eine
Ausnahme vom
Vogelschutz unter bestimmten Gründen eingeräumt werden kann. Der Begriff
"Fischereigründe" hingegen stellt in Österreich hingegen jedenfalls auf
sämtliche, also auch im Rahmen der Freizeit, fischereilich
genutzten
Areale ab.
Auch auf Seite 2, letzter Absatz der Erläuternden Bemerkungen der
vorliegenden Novelle ist richtigerweise von "Fischereigebieten" die Rede.
zu § 11 Abs. 3
Die hier gewählte Formulierung nach einer "...vernünftigen Nutzung von Vogelarten in geringen Mengen..." ist mißverständlich und deshalb zu streichen. Dies läßt den Schluß zu, dass das Fangen und Halten auch geschützter Vögel unter bestimmten Bedingungen "vernünftig" sein kann. Dies ist unserer Meinung aber nicht der Fall.
zu § 17 Abs. 4
Diese neue Ausnahmebestimmung, wonach das Fahren oder Abstellen von KFZ auf SWW-Flächen außerhalb von Straßen künftig erlaubt sein soll, lehnen wir grundsätzlich ab. Sie ist ersatzlos zu streichen.
Zu § 22 Abs 7 und § 22a Abs 3:
Diese Bestimmungen sollte um folgenden Satz 3 ergänzt werden:
Kann die Kohärenz des Netzes Natura 2000 nicht sichergestellt werden, so ist die Bewilligung von der Behörde zu versagen.
Durch diese Bestimmung wird die Vorgangsweise klar definiert, falls notwendige Ausgleichsmaßnahmen aus finanziellen oder anderen Gründen nicht ergriffen werden können. Die Versagung der Bewilligung kann auch unabhängig von einer Bekanntgabe der Ausgleichsmaßnahmen gegenüber der Kommission erfolgen.
Zu § 22 Abs 8 und § 22 a Abs 2:
Diese Bestimmungen entsprechen nicht Art 6 Abs 4 FFH-Rl!
Diese Vorschriften lassen bei Vorliegen bestimmter Gründe (Schutz der
menschlichen Gesundheit, der öffentlichen Sicherheit und Gründen des
Natur- und Umweltschutzes) jede weitere Interessenabwägung
entfallen. Diese Interpretation wird auch in den Erläuternden Bemerkungen
zur Novelle vertreten (Seite 7).
Hingegen ist eine Interessenabwägung in jedem Fall eines Eingriffes gemäß
Art 6 Abs 4 FFH-Rl obligatorisch. Der einzige Unterschied zwischen den
beiden Unterabsätzen dieser Bestimmung besteht lediglich darin, daß in
bestimmten Fällen des zweiten Unterabsatzes die Verpflichtung zur
Einholung einer Stellungnahme der Kommission entfällt.
Die Interessenabwägung ist aber von der nationalen Behörde in den
Fällen des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-Rl immer durchzuführen.
Die vorliegende Bestimmung ermöglicht in Europaschutzgebieten sämtliche Vorhaben, welche beispielsweise dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, ohne abzuwägen, ob diese zwingender Natur sind und ob es Standortalternativen dazu gibt.
Zu § 22 Abs 9:
Der in dieser Bestimmung neu enthaltene Verweis auf die Eingriffsbestimmungen für Nationalparks ist gemeinschaftswidrig. Damit wird nämlich auf eine gemeinschaftswidrige Rechtslage verwiesen, weil das Wiener NationalparkG in den dortigen Eingriffsbestimmungen verschiedene im Kommissionsschreibens (SG(2000) D/103124, Seite 14) zitierte Mängel aufweist. Insbesondere fehlt im Wr. NationalparkG die in der FFH-Rl vorgesehene Alternativenprüfung.
§ 24 Abs 7
Der erste Satz sollte am Beginn eine weitere Modifikation erfahren und zwar wie folgt:
Eine Bewilligung kann weiters erteilt werden, wenn..........
Dadurch wird auch hier - in Abstimmung mit dem dahingehend novellierten § 24 Abs 6 - ein Ermessen für die Behörden bei der Bewilligungserteilung eingeräumt.
Mit freundlichen Grüßen
Mag. Christoph Chorherr
Klubobmann
Stellungnahme der Grünen auf Naturschutzgesetz |